Lahmheit in der Hinterhand - Deckender Wallach ------ FortsetzungWolfgang Rapolter: Sehr geehrter Hr. Dr. Hoffmann! Unser Pferd (Arabermischling-Wallach 9 Jahre) wurde vor Monaten von einem anderen Pferd links hinten gerammt und lahmte (Hanglahmheit) links hinten (Schleifen an den Zehenspitzen). Durch das lange Ruhigstellen kam es noch zusätzlich zu starken Verspannungen. Zuerst wurde es mittels Antiphlogistika, Bestrahlungen, Vitamin B, Selen, Vitamin E behandelt. Untersuchungen wie Röngten, Palpation, Untersuchung durch den After auf einer Universitätsklinik, sowie Galvanisation und Massagen (Tellington!) brachten wenig Erfolg bzw. zeigten keine auffälligen Befunde. Im Blutbefund zeigt sich eine leichte Erhöhung der LDH-Werte (bei einem nicht arbeitenden Pferd, nur Koppel und Spazierengehen!!! -->WOHER?) und ein leicht gestörtes Ca/P-Gleichgewicht, zuwenig Eisen und zu dickflüssiges Blut.
Bis dato hat sich das Pferd soweit erholt, daß das Anschleifen nur mehr ca. jeden 3. Schritt im Trab durch ein kurzes Schleifen festzustellen ist (manchmal auch längere Zeit gar nicht - Schrittlänge scheint nicht verkürzt zu sein) und im Muskel an der Kruppe eine ca. halbe Handteller große, auf stärkeren Druck empfindliche Stelle (Verspannungsknoten?) festzustellen ist. Diese Stelle ist auch durch Darüberstreichen mit den Fingern als härtere Stelle im Muskel zu erkennen. Hat das Pferd die Möglichkeit, wetzt es dort auch.
Meine Fragen: Was kann da passiert sein? (Ich erhalte die verschiedensten Antworten von Tierärzten: z.B: Nervenentzündung, Myopathie der langen lubalen Rückenmuskulatur, Verspannung, Lumbago, angeborener Kreuzschlag, versteckter Wirbelsäulenschaden, etc.)
Soll das Pferd leicht gearbeitet werden und wenn -->wie?
Was könnte ich an Behandlung noch tun um dieser schmerzenden Stelle Herr zu werden?
Danke für Ihre Antwort!
Dr. Georges Hoffmann: Ihrer e-mail entnehme ich, daß vornehmlich die ca. Handteller große, auf Druck empfindliche Stelle, verbunden mit einer geringgradig deutlichen Lahmheit das Hauptproblem bei Ihrem Pferd ist. Ohne das Pferd gesehen zu haben (Sie verstehen, daß auf diesem Weg keine sicheren Diagnosen gestellt werden können), würde ich sagen, daß es sich hierbei eigentlich nur um ein Muskelgeschehen handeln kann.Diese Muskelentzündung kann sowohl durch direkte traumatische äußere Einwirkung (Schlag) entstanden sein wie auch durch momentane Überbelastungen eines bestimmten Muskels oder Muskelgruppe (Ausrutscher, Grätsche o.ä.). Durch Stoffwechselstörungen entstehen solche örtliche Muskelentzündungen kaum. Auch die erhöhten LDH Werte deuten auf eine Muskelerkrankung hin.
Die Frage ist: warum hält diese Erkrankung so lange an? Dafür gäbe es zwei Möglichkeiten:
1) Das Pferd ist während der Behandlungszeit nicht ausreichend ruhiggestellt worden, so daß die Bewegung die Heilung verhindert, bzw. verzögert hat.
2) Die Ausgangsentzündung war so hochgradig, daß sie einfach diese lange Zeit zum Ausheilen in Anspruch nimmt.Allerdings muß man zugeben, daß nicht jede Muskelentzündung eine Heilung "ad intregrum" nach sich zieht, sondern möglicherweise zu einer Muskelatrophie (Muskelschwund) mit oder ohne Fibrose (Bindegewebige Entartung mit Verhärtung und Elastizitätsverlust) führt. Auch dieser Zustand könnte mit einer fühlbaren Verhärtung und Lahmheit verbunden sein. Eine Diagnose wäre aber nur duch eine Gewebsentnahme aus dem betroffenen Gebiet zu stellen.
Je nachdem welcher Muskel betroffen wäre, käme eventuell ein chirurgischer Eingriff (Durchtrennung der fibrotischen, den Muskle verkürzenden Bindegewebsbrücken) in Frage. Ist dies nicht möglich, bleibt nur die Kinesitheraphie als Behandlung übrig, d.h. Sie müssen versuchen, den Muskel durch regelmäßige, aber schonende Arbeit nach und nach geschmeidig zu machen. Diese Arbeit darf nie so stark sein, daß sie den Muskel überfordert und so eine neue Entzündung auslöst. Eine Garantie auf Heilung gibt es leider bei keiner Methode. Insofern ist angesichts der langen Krankheitsdauer die Prognose als vorsichtig zu stellen.
Mit besten Grüßen
Dr. Georges Hoffmann
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Christoph aus Trier: mein Isländer-Wallach steht seit einiger Zeit mit einer Isi-Stute zusammen im Offenstall. Es hat nicht lange gedauert und beiden fingen ein Techtel-Mechtel an. Bisher hat es der Besitzerin der Stute nichts ausgemacht, im Gegenteil, sie fand es eher lustig, was beiden trieben. Jetzt hat sich ihre Meinung plötzlich geändert und sie findet's gar nicht mehr so toll, weil sie Angst (gemacht bekommen) hat, daß das unter Umständen zu einer Infektion der Gebärmutter mit im schlimmsten Fall tödlichem Ausgang führen könnte. Sie hat mir nun nicht gerade verboten, weiterhin mein Pferd ihre Stute decken zu lassen, weil's ja hauptsächlich ihre Stute ist, die sich mit Vehemenz unter den Wallach schiebt :-), aber es stört sie schon sehr. Züchterische Absichten hegt sie mit der Stute nicht, aber sie schließt nicht aus, daß sie die Stute irgendwann mal decken lassen will. Was meinen Sie zu diesem Thema?Danke Christoph
Dr. Georges Hoffmann: Sehr geehrter Christoph, es kommt schon mal vor, daß ein Hengst, wenn er spät, d.h. nach seinem 3. Lebensjahr kastriert wurde, bestimmte Hengstmanieren behält. Wenn ein Wallach jedoch, wie sie schreiben, regelmäßig rossende Stuten deckt, so muß man sich ernsthaft Gedanken machen, ob es sich hierbei wirklich um einen Wallach handelt. Es kommt regelmäßig vor, daß ein oder die zwei Hoden zum Zeitpunkt der Kastration (noch) nicht aus der Bauchhöhle heraus in den Hodensack gewandert waren. Diesen Zustand nennt man einseitigen oder beidseitigen Kryptorchidismus. Im Sprachgebrauch bezeichnet man solche Pferde als "Klopphengste". Diese Tiere benehmen sich wie Hengste, sind aber in der Regel unfruchtbar.Es kommt auch vor, daß Tiere, wenn sie zu früh (ca. 1 Jahr erst alt) kastriert werden, zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz entwickelt waren und demnach die vermeintliche Kastration nur eine Teilkastration war, so daß die vermeintlichen Wallache eigentlich noch Hengste sind.
Ich muß Ihnen dringend raten, Ihren "Wallach" tierärztlich untersuchen zu lassen und zu prüfen (Adspektion, Palpation, rektale Untersuchung, Hormonbestimmung) ob es sich nicht vielleicht doch um einen (Klopp)Hengst handelt.
Es ist richtig, daß der Deckakt an sich, und umso mehr, wenn er sich unkontrolliert wiederholt, zu Verletzungen der Stute und Infektionen mit schlimmen Folgen führen kann.
Mit besten Grüßen
Dr. Georges HoffmannZum Anfang der Seite
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