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Die Sprechstunde bei
Dr. Georges Hoffmann, Fachtierarzt für Pferde








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Muskelzellen - Muskelaufbautraining

Wolfgang Rapolter: Sehr geehrter Herr Dr. Hoffmann! Wir haben zur Zeit eine kleine Diskussion über den Aufbau von Muskulatur durch Training. Und zwar stehen folgende 2 Thesen gegenüber:

1. These: Durch Training/Bewwegungstherapie wird die Muskulatur stärker durch Bildung neuer Muskelzellen und Ankurbelung des Stoffwechsels. Durch Krankheit z.B.: Kreuzschlag zerstörte Zellen können wieder langsam aufgebaut werden.

2. These: Training bewirkt ein "Aufblasen" der vorhandenen Muskulatur, sprich Muskelzellen. Durch Krankheit z.B.: Kreuzschlag zerstörte Zellen können nicht wieder aufgebaut werden.

Welche dieser Thesen ist richtig bzw. was passiert wirklich beim Aufbautraining eines Pferdes?
Danke Wolfgang

cdrom

Dr. Georges Hoffmann: Die Zahl der Muskelzellen ist bei der Geburt mehr oder weniger festgelegt. Sie verändert sich im Lauf des Lebens kaum, höchstens nimmt sie im Alter etwas ab. Zellen, welche durch einen Krankheitsprozess zerstört werden, werden also nicht ersetzt. Ihre Arbeit muss durch eine Mehrtätigkeit der übrigen Zellen kompensiert werden. Die Grösse, Beschaffenheit und Eigenschaften der Muskelzellen jedoch verändern sich teilweise dramatisch im Laufe des Lebens. Bei jungen Tieren ist es deshalb oft schwierig zu beurteilen welchen Anteil an diesen Veränderungen das reine Wachstum und welchen Anteil ein gegebenes Training hat.

Einige Grundkenntnisse voraus: Die Muskelzelle des Pferdes ist nicht einheitlich. Gemeinsam haben Muskelzellen eigentlich nur ihre Form, die einer Spindel oder einer Zigarre. Der Durchmesser variiert von 10 tausendstel Millimeter bis 100 tausendstel Millimeter, also vom einfachen bis zum zehnfachen! Die Länge geht von einigen Millimetern bis zu 34 cm! Es sind mehrkernige Zellen. Die Zahl der Zellkerne steigt kontinuierlich von der Geburt an bis zum Erwachsenenalter und mit ihr die Muskelmasse.

Die Vermehrung der Zellkerne geschieht jedoch nicht durch Teilung, sondern durch Verschmelzung der Muskelzellen mit sogenannten Satellitenzellen. Es sind dies undifferenzierte einkernige Zellen, welche den Muskelzellen eng angelagert sind. Sie stellen sozusagen eine Reserve für Zellkerne und anderes Zellmaterial dar, welche der eigentlichen Muskelzelle erlauben zu wachsen. Da auch sie nicht ersetzt werden nimmt ihre Zahl logischerweise mit dem Alter ab.

Ist diese Reserve mit zunehmendem Alter erschöpft, können sich die Muskelzellen nicht mehr regenerieren . Demzufolge nehmen sie zahlenmässig ab. Es ist deshalb die Regel dass ein altes Pferd eher mager als dick ist. Auch bestes Futter und Hilsmittel wie Anabolika bringen die Muskelmasse nicht zurück.

Ich möchte nicht auf die komplizierten Funktionsmechanismen der Muskelzelle eingehen. Es ist ja bekannt, dass sie kontraktil ist, d.h. imstande ist sich zusammenzuziehen. Wie das funktionniert spielt hier keine Rolle. Es sei nur erwähnt, dass man verschieden Typen unterscheiden kann, nämlich sich schnell kontrahierende und sich langsam kontrahierende Fasern.

Bei den sich schnell kontrahierenden unterscheidet man die, welche mit Sauerstoff und solche welche ohne Sauerstoff arbeiten um die verschiedenen Brennstoffe wie Blutzucker, Glykogen , verschiedene Fette in Energie umzuwandeln. Dabei ist zu bemerken, dass bei den Stoffwechselaktivitäten ohne Sauerstoff Milchsäure anfällt, welche den Muskel übersäuert. Diese Uebersäurung ist eine der wichtigsten Ursachen für Ermüdung und somit leistungsbegrenzend.

Was bewirkt nun das Training? Nun, der Haupteffekt jedes Trainungs ist der Umstand, dass sich die oxidative Kapazität, d.h. die Sauerstofftätigkeit verbessert. So verändert sich innerhalb der sich schnell kontrahierenden Fasern der Anteil derjenigen mit niedriger oxidativer Kapazität zugunsten der mit hohen oxidativen Kapazität.

Das Verhältnis zwischen den langsamen und den schnellen Fasern ändert nicht. Dieses Verhältnis scheint angeboren zu sein und nicht durch Training zu beeinflussen. Man kommt entweder als Sprinter oder als Langstreckenläufer zur Welt. Die Art des Trainings bewirkt weitere Veränderungen.

Kurzfassend kann man sagen, dass bei sogenanntem Krafttraining die Muskelzelle an Volumen (Hypertrophie), nicht jedoch an Zahl (Hyperplasie), zunimmt .Bei reinem Konditionstraining verändert sich das Zellvolumen in der Regel nicht. In diesem Sinne ist Ihre 2. These wohl die richtigere.

mit freundlichem Gruss, Dr Georges Hoffmann


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